Meetingkultur

Schwätzer bleiben in Erinnerung.

Wie ist ihre Wirkung in Meetings? Wann, wie oft und inhaltlich wie wird über Wortmeldungen ein bleibender Eindruck erreicht?

 

Als gesundes Vorbild, jene Kollegen die sich gerne reden hören und darum ihre Redezeit theatralisch mit Wortwiederholungen und Füllwörtern strecken. Sie benennen auch gerne die versäumte Bringschuld von Dritten, die nicht anwesend sind. Die Fortgeschritteneren daraus sind jene, die Wortmeldungen von anderen in eigenen Worten wiedergeben und die Idee daraus als die eigene verkaufen. Diese kreativlosen warten wie ein Tiger zum Sprung auf eine leise geäusserte gute Idee eines bescheidenen Kollegen und transformieren diese zur eigenen. So kann mit wenig Kreativenergie ein maximaler Eindruck erzeugt werden.

 

Die Tiraden von ideenlosen Kopfnickern legen dann los und nicken mit dem Kopf, grunzen zustimmend und schaffen die harmonische Stimmung - die Allianz ist bekräftigt. In der anschliessenden Zigarettenpause wird diese Allianz, weniger die Lösung, in Lungen inhaliert und Köpfe eingebrannt. Wieder mal wurde nicht das Geschäftsergebnis verbessert, dafür die Allianz.

 

Äusserst auffällig auch die „Ich bin dagegen“ Menschen die das "Dagegen-Sein“ zum Programm gemacht haben. Sie erkennen das Potential daraus, als jemand erkannt zu werden, der eine eigene Meinung pflegt. Wenn das nicht wirkt, dient als Exit-Strategie sich dann doch einfach überzeugen zu lassen und dem Kollegen ein Gefühl des Erfolges zu geben. Diese Methode gelingt ebenfalls mit geringem Kraftaufwand, das es genüg einfach mitzuteilen, dass man von der Idee nicht überzeugt ist und die Beweislast und damit den ganzen Aufwand dem Ideenlieferanten zurückspielt. So kann man in vielen Meetings engagiert wahrgenommen werden, ohne wirkliche Energie zu investieren.

 

Für Manager oder solche die es werden wollen eignet sich hervorragend die Technik des  dauernden Perspektivenwechsels. Redet man im Plenum vom Kleinen, dem Detail, dem Operativen, fragt der Manager nach dem Grossen, dem Zusammenhang, der Strategie und wichtig (das ist das Konzept) - genauso umgekehrt. So lässt sich immer etwas finden, was nicht bedacht wurde und die Gruppe der Teilnehmenden erfährt ehrfürchtig, wie es ist einen Schritt zurück zu stehen. Die Kleinen Leute bleiben so auch immer auf ihrem Level und können dem Manager nie wirklich nahe kommen. Eine gesunde Distanz also. Diese Technik bietet daraus dem Sender den Vorteil nicht antastbar zu sein - denn wenn immer es kritisch wird, wechselt der Manager die Perspektive mit der Begründung, dass eben die Leute in der Gruppe die Lösung finden sollen, deren Job dies ja bekanntlich ist. Gerät ein Mitarbeiter in Rage, ist es praktisch in darauf hinzuweisen das nun Konstruktivität gefragt sei und ist er zu gelassen ihn einfach an sein Engagement zu erinnern. Charakteristisch einer Mücke ähnlich, die am Liebsten dort sticht wo gerade keine Aufmerksamkeit drauf ist. Sobald wieder Entspannung eintritt, kommt sie wieder. Sucht man sie gezielt, ist sie weg. Und gerne ist es mit dem Stechen und dem „Weg-Sein“ auch bei dem Manager so.

 

Betreffend dem Zeitpunkt bietet es sich an, getreu dem Prinzip „Der erste Eindruck zählt und der letzte bleibt“, zu Beginn gleich eine provokative These in die Gruppe zu werfen und dann entspannt zu verfolgen, wie sich die Teilnehmer der Entwirrung bemühen und bei besonders fiesen Reizthemen kläglich scheitern. Vielleicht bietet es sich an, alle paar Minuten den immergleichen fantasielosen Satz zu platzieren, dass es in der Sache sehr wichtig ist „für alle Beteiligten eine Lösung zu finden“ oder „dass dieser Zustand so wirklich nicht geht“ ohne einen brauchbaren Lösungsvorschlag zu bringen. Das hält Einem im Spiel und erinnert die Anderen an die Ernsthaftigkeit des Themas. Es bleibt Kraft gespart, um am Schluss die Lösung der anderen geschickt zusammen zu fassen, die weiteren Schritte einzufordern und die Lösung bestenfalls als die eigene zu markieren. Und geht die Spannung ganz raus, ist es effektiv, die Person nach seiner Meinung anzufragen, bei dem die Lösung am wenigsten zu erwarten ist. Dies überrumpelt den bisher passiven Teilnehmer in einer für ihn unvergesslichen Art und Weise.

 

Wir gehen einen Schritt weiter zu den „Überraschern“ bei denen man nie weiss was kommt. Jenen, deren Wertung der Sachinhalte und Entscheidungen einem hochgeheimen Algorithmus entstammen, welcher sogar ihnen selbst verborgen ist. Rüstet sich der Auftragnehmer in einer Sache mit einem hundertseitigen Werk an Statistiken und Auswertungen aus um im Meeting zu bestehen. Dann … dann reagiert der Überrascher mit Entsetzten und weisst auf ein Gefühl hin, welches nicht berücksichtigt wurde. Erscheint dem Auftragnehmer sein eigenes Ergebnis als eingestanden ungenügend, dann honoriert der Überrascher dem seine Arbeit als ausgesprochen wertvoll. Dazwischen die schier unendlichen Varianten der Reaktion EINFACH NICHT EINSCHÄTZBAR. Dem Auftragnehmer bleibt die Möglichkeit, den Manager und Stakeholder bewusst zufrieden zu stellen verunmöglicht.

 

Dank dem bleibt der zunehmend fleissige Mitarbeitende achtsam und bei dem was ihm seine Kompetenzen erlauben. Ein Schwarm von fleissigen Bienen sind sehr wertvoll für das Unternehmen und sichern dem Manager fortan die süsse Honigproduktion, die er sich so gerne ins und ums Maul schmiert. Jetzt muss man sich mal vorstellen, was abgeht wenn jemand diese Technik im vollen Bewusstsein einsetzt!

 

Gerade Vorgesetzten stehen natürlich Kraft ihres Amtes manipulative Taktiken und Techniken noch einfach zur Verfügung als Untergebenen. Psycho- oder Soziopathen finden im Geschäftsleben  manchmal in hohen Rängen ihren sicheren Hafen. Kompensation von Persönlichkeitsmankos oder sogar gefährlichen Defiziten unter dem Deckmantel von Geschäftsorganisationen, versteckt in Rollen und Projekten. Das rollengegebenen Abhängigkeitsverhältnis bietet eine Steilvorlage für psychotische Aktivitäten. Daraus das Potential … das Potential der anderen klein zu halten.

 

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